Core-Stability-Training: So trainierst du den Core effektiv!
Plötzlich wurde während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 aus eine müden deutschen Nationalmannschaft ein ernstzunehmender Rivale um den Weltmeistertitel. Doch was hatte sich geändert? Der damalige Nationaltrainer Jürgen Klinsmann hatte das Training der Nationalelf gemeinsam mit Mark Verstegen radikal auf den Kopf gestellt. Neben dem klassischen Fußballtraining stand nun unter anderem auch das „Core-Stability-Training“ auf dem Trainingsplan1. Wurden sie zu Beginn von den Medien noch zerrissen und belächelt, untermauerten bald die ersten Erfolge ihre Trainingsmethoden. Auch wenn es letztendlich nicht ganz zum perfekten Sommermärchen gereicht hat, ist das „Core-Stability-Training“ seitdem aus keinem Trainingskonzept mehr wegzudenken. Sicher ist es dir in vergangen Jahren auch bereits während deines Trainings begegnet. Vielleicht hast du dir dann auch die folgenden Fragen gestellt: Was ist „der Core“ überhaupt? Wofür ist „Core-Stability“ wichtig? und Wie kannst du sie am effektivsten trainieren?“.
Inhaltsverzeichnis
Wie definiert man den „Core“?
Auch wenn die Begriffe „Core“ und „Core-Stability“ in verschiedensten Settings (u.a. Training und Therapie) immer wieder verwendet werden, findet man in der aktuellen Literatur weder eine einheitliche Definition noch die Ursprünge der Begriffe selbst. Teilweise wird davon ausgegangen, dass die Begriffe „Core“ und „Core-Stability“ von dem Begriff des „Powerhouse“ aus dem Pilates abgeleitet wurden2. Eindeutige Belege hierfür gibt es jedoch aktuell keine.
Vergleicht man den Begriff des „Powerhouse“ mit anderen gängigen Definitionen des „Core“ oder der „Core-Stability“ lassen sich jedoch tatsächlich einige Parallelen finden.
Der Begriff „Core“ stammt aus dem Englischen und bedeutet soviel wie „Kern“ oder „Gehäuse“. Folgt man also der bloßen Übersetzung, beschreibt die „Core-Stability“ eine Art „Kern- bzw. Gehäusestabilität“. Doch von welchem „Kern“ ist hier die Rede? Je mehr man sich in das Thema vertieft, desto mehr stößt man auf einen bunten Strauß an verschiedensten Betrachtungs- und Trainingsmöglichkeiten. Damit du dir eine eigene Meinung bilden kannst, sind hier exemplarisch zwei Definitionsmöglichkeiten aufgeführt:
1. Einteilung in Körperabschnitte
In der klassischen Medizin wird der menschliche Körper in fünf grobe Abschnitte unterteilt, um eine anatomische Zuordnung von Strukturen zu erleichtern. Diese Gliederung beschreibt folgende Körperabschnitte: den Kopf (Caput), den Hals (Collum), die obere Extremität (Membrum superius), den Rumpf (Truncus) und die untere Extremität (Membrum inferius)3.
Folgt man der Wortübersetzung, lässt sich der Rumpf als Zentrum des menschlichen Körpers am ehesten als „Kern“ beschreiben. Die Definition vom „Core“ wäre somit der anatomischen Definition des Rumpfes gleichzusetzen. Diese lautet: „Zentraler Teil des Körpers ohne Extremitäten, Kopf – je nach Autor – auch ohne Hals. Der Rumpf wird eingeteilt in den Brustkorb (Thorax), den Bauch (Abdomen), den Rücken (Dorsum) und das Becken (Pelvis).“4 Der „Core“ würde somit das Zusammenspiel aller Strukturen (u.a. Gelenke, Bänder, Muskeln, Faszien und Organe) von Brustkorb, Bauch, Rücken und Becken beschreiben. Im „Core-Stability-Training“ müssten all diese Strukturen berücksichtigt werden.
2. Einteilung in Skelettsysteme
Eine weitere Definition des „Core“ stützt sich auf die Einteilung des menschlichen Skelettsystems in zwei grobe Abschnitte: das axiale Skelett und das appendikuläre Skelett (von engl. appendicular „die Glieder betreffend“). Das appendikuläre Skelett besteht aus den ca. 80 Knochen der oberen und unteren Extremität. Das axiale Skelett setzt sich aus den ca. 206 Knochen des Kopfes, des Brustkorbes und der gesamten Wirbelsäule zusammen. Als Zentrum des menschlichen Körpers schützt es die lebenswichtigen Organe (u.a. Herz und Lunge) und dient der Muskulatur, welche bis in das appendikuläre Skelettsystem strahl (u.a. eingewanderte Rückenmuskulatur), als Punctum Fixum5,6.
Nach Behm et al. setzt sich der „Core“ aus dem axialen Skelett (Kopf, Brustkorb und Wirbelsäule) inklusive Beckenring und Schultergürtel zusammen. Hinzu kommen alle Weichteile (u.a. Bänder, Muskeln und Faszien), welche vom Axialskelett ausgehen und im Axialskelett selbst (z.B. autochthone Rückenmuskulatur) oder im appendikulären Skelett (z.B. eingewanderte Rückenmuskulatur) enden7.
3. Der „Core“ ein komplexes, dreidimensionale System
Vergleicht man beide Definitionen miteinander, unterscheiden sie sich nicht wesentlich, sondern ergänzen sich vielmehr. Der „Core“ kann demnach als ein komplexes, dreidimensionales System verstanden werden. Es erstreckt sich dank der lokalen und eingewanderten Weichteile (u.a. Bänder, Muskulatur, Faszien) vom Kopf, über den Hals, den Brustkorb inkl. Schultergürtel, über den Bauch und den Rücken bis hin zum Becken3,5,6,7. Stark vereinfacht, beschreibt der „Core“ also die Körpermitte bzw. den Körperstamm.
Wofür ist „Core-Stability“ wichtig?
Dank seiner zentralen Lage ist der „Core“ eines der wichtigsten Stütz- und Bewegungselemente des menschlichen Körpers. Vor allem die tiefliegende autochthone Rückenmuskulatur (M. erector spinae) sowie die seitliche und tiefe Bauchmuskulatur (u.a. M. obliquus externus et internus abdominis, M. transversus abdominis und M. quadratus lumborum) tragen mit ihren verschiedenen Muskelgruppen maßgeblich zur funktionellen Stabilisierung und Aufrichtung des Körpers bei. So übernehmen sie bei statischen und dynamischen Bewegungen nicht nur eine maßgebliche Schutzfunktion der Wirbelsäule (Rumpfkorsett), sondern reduzieren ebenso das Verletzungsrisiko beim Training.
Einige Muskeln der oberen und unteren Extremitäten stehen mit dem Rumpf unmittelbar in Verbindung und haben somit direkten Einfluss auf die Kernstabilität (u.a. M. latissimus dorsi und M. iliopsoas). Generell haben auch die Bewegungen der Extremitäten eine verstärkte Anspannung der Rumpfmuskulatur zur Folge. Ist diese zu schwach ausgeprägt und der Rumpf somit instabil, können Bewegungsausführung, -steuerung und die Kraftübertragung durch den Rumpf behindert werden. Grundlegend stellt eine mangelnde Rumpfstabilität somit schließlich auch einen leistungsbegrenzenden Faktor u.a. bei Gewichthebertechniken dar8,9.
Wie trainierst du deine „Core-Stability“ am effektivsten?
Laut aktuellem Forschungsstand konnte bis dato noch nicht ausreichend nachgewiesen werden, welche Trainingsmethoden die „Core-Stability“ am gezieltesten trainiert. Einig ist man sich aktuell nur in dem Punkt, dass ein funktionelles dem isolierten Training von Muskulatur vorzuziehen ist. Des Weiteren lässt sich laut Martuscello et al. die Tendenz erkennen, dass vor allem Freihantel-Übungen nachweislich einen größeren Trainingseffekt auf die „Core-Stability“ haben, als vergleichsweise spezifisches Ball- oder Gerätetraining10.
Wie zuvor beschreiben, ist der „Core“ ein dreidimensionales und komplexes System, welches von dem Zusammenspiel verschiedenen Muskelgruppen profitiert. In der Theorie wird dir ein isoliertes Krafttraining einzelner Muskeln also wahrscheinlich langfristig nicht zum Erfolg verhelfen können. Beim „Core-Stability-Training“ oder kurz „Core-Training“ kommt es vor allem darauf an, ganze Muskelketten durch komplexe Übungen anzusprechen (vgl. Funktionelles Training, Zirkeltraining).
Das Training ist vorrangig durch Übungen mit dem eigenen Körpergewicht (u.a. Squats, Push Ups, Lunges oder Planks) oder auf instabilen Unterlagen geprägt (u.a. Weichmatten, Wackelbretter oder Trampoline). Während du im klassischen Krafttraining auf durch Geräte geführte Bewegungen zurückgreifen kannst, ist das „Core-Stability-Training“ auf die Verwendung von freien Gewichten (u.a. Kettlebell, Barbell oder Dumbbell) ausgelegt10,11.
Übungen für dein Core-Stability Training
- Funktionelles Training
- Freihantel-Übungen
- Kettlebell-Training
- Zirkeltraining
- Bodyweight-Training (zum Beispiel Squats, Push Ups, Lunges, Planks)
- Übungen auf instabilen Unterlagen
Beginne dein Core Training mit einem Partner
Da du dich beim Core Training nicht auf passiv geführte Achsen verlassen kannst, benötigst du ein hohes Maß an Körperwahrnehmung, um die Übungen korrekt und sauber ausführen zu können. Daher empfiehlt es sich zu Beginn mit einem Partner zu starten, um deine Körperhaltung stets im Blick zu behalten.
Erzähl uns: Wie trainierst du am liebsten deine Core Stability?
Oder brauchst du noch mehr Inspiration in Sachen Trainingsplanung und -gestaltung? Dann schau dir unbedingt die Lehrinhalte der Ausbildung zum/r Fitnesstrainer/in an.
Literaturverzeichnis
1 Siering, F. (2015). Die Welt. Der DFB vertraut einem Schleifer aus Arizona. Abgerufen am 15.08.2019 von https://www.welt.de/sport/fitness/article138699915/Der-DFB-vertraut-einem-Schleifer-aus-Arizona.html.
2 Yoganatomy. Educating & Inspiring (2018). What Is The Core Anyway? Abgerufen am 15.08.2019 von https://www.yoganatomy.com/what-is-the-core-anyway/.
3 Schumacher, G.-H. und Aumüller, G. (2004). Topographische Anatomie des Menschen. 7. Auflage. Urban & Fischer Verlag/ Elsevier GmbH.
4 Pschyrembel Online (2019). Rumpf. Abgerufen am 15.08.2019 von https://www.pschyrembel.de/Rumpf/A0W3A.
5 Thpanorama (2019). Was ist das appendikuläre Skelett? Abgerufen am 15.08.2019 von https://de.thpanorama.com/blog/ciencia/qu-es-el-esqueleto-apendicular.html.
6 Visible Body (2019). Along the Axis of the Axial Skeleton: Bones That Form the Axial Skeleton. Abgerufen am 15.08.2019 von https://www.visiblebody.com/learn/skeleton/axial-skeleton.
7 Behm, D., Drinkwater, E., Willardson, J. and Cowley, P. (2010). The use of instability to train the core musculature. Appl Physiol Nutr Metab; 35: 91–108. doi: 10.1139/H09-127.
8 Dougherty, J.J. (2011). The anatomical “core”: a definition and functional classification. Osteopathic Family Physician; 3 (6): 239-245. Doi: 10.1016/j.osfp.2011.07.001.
9 Thorsten, R. (2012). Core-Stability – Modebegriff oder mehr? Leichtathletiktraining: die Lehre der Leichtathletik; 23 (9/10): 46-53.
10 Martuscello, J.M., Nuzzo, J.L., Ashley C.D., Camprell, B.I., Orriola, J.J. & Mayer, J.M. (2013). Systematic Review of Core Muscle Activity During Fitness Exercises.J Strength Cond Res. 2013 Jun;27(6):1684-98. doi: 10.1519/JSC.0b013e318291b8da.
11 Delp, C. (2015). Medizinball-Training. Riva-Verlag.
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14. Oktober 2019
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