Resilienztraining: Mehr Kraft für Körper und Geist
Spätestens seit uns die Medien mit immer mehr globalen Krisen konfrontieren, ist der Begriff Resilienz in aller Munde. Schon lange diskutieren Psychologinnen und Psychologen darüber, wie Resilienz entsteht und ob man sie auch im Erwachsenenalter noch mit Resilienztraining trainieren kann. Doch bevor wir uns den verschiedenen Meinungen zuwenden, zunächst ein paar Grundlagen.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Resilienz?
Bevor wir uns dem Training von Resilienz widmen, ist es wichtig zu verstehen, was wir eigentlich trainieren wollen. Was also ist Resilienz? Du kennst sicher Menschen, die ein dickes Fell haben, die trotz Schicksalsschlägen immer wieder das Positive in diesen Situationen sehen und an denen der Stress förmlich abzuperlen scheint. Wo andere schon aufgegeben hätten, sehen diese Menschen (ohne Illusionen) noch das Positive und glauben daran, dass sie selbst etwas bewirken können. Diese Menschen könnte man als resilient bezeichnen.
Wenn wir einen Blick in eine medizinische Datenbank werfen, finden wir folgende Definition:
„Ausmaß der (psychischen) Widerstandsfähigkeit einer Person. Hohe Resilienz ermöglicht z. B. negativen Einflussfaktoren standzuhalten, ohne eine psychische Störung zu entwickeln. Resilienz basiert auf der Beobachtung, dass auch bei starker Belastung meist nur eine Minderheit der Betroffenen eine Störung entwickelt.“ – Pschyrembel Online, 2018
Laut dieser Definition ist Resilienz ist also ein Begriff, der die Fähigkeit eines Menschen beschreibt, mit Herausforderungen, Belastungen und Krisen umzugehen und sich von ihnen zu erholen.
Der Begriff wird heute inflationär für jede Form von Stressresistenz verwendet, und oft wird eine Art Unverwundbarkeit gegenüber allen Arten von Stressoren propagiert. Doch so einfach ist es nicht. Resilienz bedeutet nicht Immunität, sondern ist dynamisch und zeitlich begrenzt. Beispielsweise kann man eine Kündigung gut verkraften, aber ein plötzlicher Todesfall kann einen trotzdem aus der Bahn werfen.
Ist Resilienz angeboren oder erworben?
Kinder werden nicht mit einem angeborenen und unveränderlichen Maß an Resilienz geboren. Vielmehr erwerben sie Resilienz im Laufe ihrer Entwicklung durch ihre Umwelt. Zwar gibt es genetische Faktoren (z.B. HPA-Achse und FKBP5-Gen), die Resilienz fördern oder hemmen können, doch spielt das soziale Umfeld oft eine übergeordnete Rolle. So sind Kinder, die mindestens eine starke Beziehung zu einer Person aufbauen können, häufig resilienter als Kinder, die diese soziale Bindung nicht aufbauen konnten (vgl. Vulnerabilitätsfaktoren, Risikofaktoren, traumatische Erlebnisse).
Kann man Resilienz trainieren?
Ja, die Neurowissenschaften konnten nachweisen, dass Aspekte der Resilienz durchaus trainierbar sind. Diese Annahme beruht auf der Erkenntnis, dass unser Gehirn in jedem Alter lernfähig ist. Es ist also jederzeit in der Lage, umzulernen und vorhandene Fähigkeiten auszubauen, oder neue zu erlernen. – Nur eben nicht so schnell.
Je älter wir werden, desto langsamer laufen die Lern- und Umlernprozesse in unserem Gehirn ab. Hinzu kommt, dass die Resilienzforschung noch in den Kinderschuhen steckt und es noch keine fertigen, fundierten Lösungen und schnellen Tipps für den Alltag gibt. Man muss sich also auf einen langfristigen Prozess einlassen. Wenn also jemand ein Seminar oder ein Coaching anbietet, das schnelle Abhilfe schaffen soll, solltest du dem mit der nötigen Skepsis begegnen.
Was ist Resilienztraining?
Grundsätzlich geht es beim Resilienztraining darum, durch eine Reihe von Übungen und Strategien die psychische Widerstandsfähigkeit zu verbessern und besser mit den Herausforderungen des Lebens umgehen zu können. Es soll uns ermöglichen, uns schneller von Rückschlägen zu erholen, Krisen zu bewältigen und unsere psychische Gesundheit zu stärken.
Hierbei konzentriert man sich aktuell in der Forschung v.a. auf die Schutzfaktoren, welche sich aus personalen, familiären und sozialen Ressourcen zusammensetzen:
Personale Ressourcen | Familiäre Ressourcen | Soziale Ressourcen |
Kognitive Fähigkeiten, Positive Selbstwahrnehmung, Selbstwirksamkeitserwartungen, Soziale Kompetenzen, Aktive Bewältigungsstrategien, Kreativität und Fantasie | Stabile Bindung zu mindestens einer Bezugsperson, Emotional warmes, aber auch klar strukturiertes Erziehungsverhalten, Positive Beziehungen zu Geschwistern, Merkmale der Eltern | Soziale Unterstützung, Qualität der Bildungsinstitution, Soziale Modelle |
Während der Grundstein für familiäre und soziale Ressourcen häufig in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen gelegt wird, können personale Ressourcen auch im Erwachsenenalter beeinflusst werden. Erste Ergebnisse der Resilienzforschung weisen darauf hin, dass insbesondere Achtsamkeit, Selbstwirksamkeit und positives Denken zur Stärkung der individuellen Resilienz beitragen können.
Resilienztraining oder lieber Stress abbauen?
Bevor du mit einem Resilienztraining beginnst, solltest du dir die folgenden Fragen stellen: Warum willst du stressresistenter werden? Wäre es nicht sinnvoller, an der Ursache deines (negativ empfundenen) Stresses anzusetzen? In Europa leiden etwa 30 Prozent der Bevölkerung an stressbedingten psychischen Erkrankungen. Und wir müssen uns fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, die Ursache dieser Erkrankungen zu beseitigen, anstatt uns stressresistenter zu machen.
Da wir aber nie alle Dinge in unserem Leben direkt beeinflussen können, ist man sich in der Forschung heute einig, dass die Schutzfunktion des Resilienztrainings im Vordergrund steht. Darüber hinaus können Resilienztraining und Stressreduktion Hand in Hand gehen und sollten nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Es geht nicht nur darum, resilienter zu werden, sondern auch darum, vermeidbaren, negativ erlebten Stress zu reduzieren.
Wie sieht Resilienztraining aus?
Studien haben gezeigt, dass vor allem die Stärkung von Achtsamkeit, Selbstwirksamkeit und positivem Denken die Resilienz von Menschen stärken kann (vgl. Was ist Resilienztraining). Dazu gibt es im Resilienztraining verschiedene Ansätze und Übungen, die in den Alltag integriert werden können:
Achtsamkeit stärken
- Meditation: Nimm dir regelmäßig Zeit für Meditation oder Achtsamkeitsübungen. Konzentriere dich auf deine Atmung, beobachte deine Gedanken und Gefühle, ohne zu urteilen und bringe deine Aufmerksamkeit immer wieder in den gegenwärtigen Moment zurück.
- Achtsam essen: Nimm dir Zeit, um bewusst zu essen und jeden Bissen vollständig wahrzunehmen. Achte auf Aromen, Texturen und Empfindungen während des Essens.
- Körperliche Achtsamkeit: Achte auf deine körperlichen Empfindungen. Praktizieren regelmäßig Yoga, Tai Chi oder andere körperliche Aktivitäten, die dir helfen, eine Verbindung zu deinem Körper herzustellen.
Selbstwirksamkeit stärken
- Setze dir realistische Ziele: Zerlege große Ziele in kleinere, erreichbare Schritte. Das Erreichen dieser Zwischenziele stärkt das Vertrauen in deine eigenen Fähigkeiten.
- Reflektiere deine Erfolge: Denke bewusst über vergangene Erfolge nach und überlege, welche Fähigkeiten, Ressourcen oder Strategien dazu beigetragen haben. Das erinnert dich daran, dass du Herausforderungen bereits gemeistert hast.
- Führe positive Selbstgespräche: Achte auf deine innere Stimme und korrigiere negative oder selbstkritische Gedanken. Ersetze diese durch positive und unterstützende Selbstgespräche. Ermutigen dich selbst und sage dir, dass du in der Lage bist, Schwierigkeiten zu überwinden.
Positives Denken trainieren
- Bewusste Wahrnehmung: Achten auf deine Gedanken und stelle fest, ob sie eher negativ oder positiv ausgerichtet sind. Wenn du negative Gedanken bemerkst, versuche diese bewusst durch positive Gedanken zu ersetzen.
- Dankbarkeit: Übe regelmäßig Dankbarkeit, indem du dich bewusst auf die positiven Aspekte deines Lebens konzentrierst. Schreib täglich auf, wofür du dankbar bist.
- Visualisierung: Stelle dir positive Ergebnisse, Erfolge oder glückliche Momente vor. Nutze die Kraft der Vorstellungskraft, um positive Emotionen zu erzeugen und dein Denken in eine optimistische Richtung zu lenken.
Es ist wichtig zu beachten, dass das Resilienztraining und die Stärkung von Achtsamkeit, Selbstwirksamkeit und positivem Denken Zeit und Übung benötigt. Es reicht leider nicht aus, ein Seminar zu belegen und man ist plötzlich gewappnet gegen alle Herausforderungen.
Beginne mit kleinen Schritten und integriere die Übungen nach und nach in deinen Alltag. Suche dir dazu ein bis drei Gewohnheiten aus, die du integrieren möchtest und achte auch hier darauf, dass dein Ziel realistisch ist. Habit-Tracker können dir dabei helfen, deine neuen Gewohnheiten im Auge zu behalten.
Welche Vorteile hat Resilienztraining für das sportliche Training?
Resilienz und Resilienztraining können nicht nur das tägliche Leben, sondern auch die sportliche Leistung beeinflussen:
- Leistungsoptimierung: Resiliente Sportlerinnen und Sportler sind besser in der Lage, sich auf ihre sportlichen Ziele zu konzentrieren und diese zu verfolgen. Sie können besser mit Rückschlägen wie Niederlagen oder Verletzungen umgehen und finden schneller wieder auf den richtigen Weg zurück. Resilienz ermöglicht es Sportlerinnen und Sportlern, sich von Misserfolgen zu erholen und sich auf das nächste Spiel, den nächsten Wettkampf oder das nächste Trainingsprogramm zu konzentrieren.
- Umgang mit Stress: Sport kann mit einem hohen Maß an Stress verbunden sein, sei es durch intensive Wettkämpfe, hohe Erwartungen oder Verletzungsrisiken. Resilienztraining hilft Sportlerinnen und Sportlern, effektive Stressbewältigungsstrategien zu entwickeln und besser mit Stressoren umzugehen. Sie können ihre Emotionen regulieren, ihre Aufmerksamkeit auf das Wesentliche lenken und sich besser auf die Herausforderungen konzentrieren.
- Verletzungsprävention und -management: Verletzungen sind ein häufiges Risiko im Sport. Resiliente Sportlerinnen und Sportler sind besser in der Lage, mit Verletzungen umzugehen, sich schneller zu erholen und ihre Rehabilitation effektiv zu gestalten. Sie sind in der Lage, während der Genesung positiv zu bleiben und spielen eine aktive Rolle bei der Wiederherstellung ihrer körperlichen und geistigen Fitness.
- Motivation und Ausdauer: Resiliente Sportlerinnen und Sportler haben eine höhere Motivation und Ausdauer, um ihre Ziele zu erreichen. Sie setzen sich realistische Ziele, entwickeln einen positiven Fokus und bleiben engagiert, auch wenn sie auf Hindernisse stoßen. Resilienz hilft Sportlerinnen und Sportlern, ihre Motivation aufrechtzuerhalten und die nötige Ausdauer zu entwickeln, um langfristig erfolgreich zu sein.
- Mentale Stärke: Resilienztraining fördert die mentale Stärke und Belastbarkeit der Sportlerinnen und Sportler. Sie entwickeln eine positive Denkweise, bauen Selbstvertrauen auf und können sich besser auf ihre Stärken und Ressourcen konzentrieren. Das hilft ihnen, ihr Leistungspotenzial auszuschöpfen und mentale Herausforderungen wie Druck, Angst oder Selbstzweifel zu bewältigen.
- Teamdynamik: Resiliente Sportlerinnen und Sportler können auch das Team um sie herum positiv beeinflussen. Sie können als Vorbilder dienen, ihre Teamkolleginnen und -kollegen unterstützen und zur Entwicklung einer resilienten Teamkultur beitragen. Dies kann zu einer stärkeren Zusammenarbeit, besseren Kommunikation und einem größeren Zusammenhalt im Team führen.
Fazit
Resilienz beschreibt die Fähigkeit eines Menschen, mit Herausforderungen, Belastungen und Krisen umzugehen und sich von ihnen zu erholen. Es ist keine angeborene Eigenschaft, sondern wird im Laufe der Entwicklung erworben. Resilienztraining ist möglich und kann Aspekte wie Achtsamkeit, Selbstwirksamkeit und positives Denken beinhalten. Es erfordert jedoch Zeit, Übung und einen langfristigen Prozess. Resilienztraining kann auch im sportlichen Kontext Vorteile bieten, wie die Optimierung der Leistung, den Umgang mit Stress, die Verletzungsprävention und -bewältigung, die Motivation und Ausdauer sowie die Entwicklung mentaler Stärke und positiver Teamdynamik.
Um deine eigene Resilienz zu stärken, kann die Yogapraxis ein geeigneter Mechanismus sein. Alles rund um Yoga, seine positiven Auswirkungen auf den Menschen und zahlreiche Asanas und Übungen, findest du in der Yogalehrer-Ausbildung.
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