Autor

Tabea Böhler

Fitness, 30. März 2022

Ernährungsmedizinerin, Trainerin für EMS & HIIT-Workouts und leidenschaftliche Sportlerin.


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Junge Frau macht Beinheben im Fitnessstudio

Die richtige Atmung beim Sport

Klar, atmen tust du sowieso rund um die Uhr. 24/7, im Wachzustand wie auch im Schlaf. Meist machst du das total unbewusst. Im Gym ist es aber extrem wichtig, dass du richtig atmest. Warum das so ist und was richtiges Atmen beim Sport überhaupt bedeutet, verraten wir dir in diesem Beitrag.

Was passiert beim Atmen überhaupt?

Beim Einatmen gelangt Luft durch Nase und Mund in die Lunge. Lungenbläschen (das sind winzige Fortsätze am Ende der Atemwege) geben den aufgenommenen Sauerstoff an die roten Blutkörperchen ab. Gebunden an Eisen, transportieren diese den Sauerstoff dann über die Blutbahn zu den Organen und Zellen. 

In den Zellen angelangt, wird der Sauerstoff in Stoffwechselprozesse eingespeist. Durch das Verbrennen von Glukose und Fettsäuren wird Energie frei. Je intensiver die Anstrengung, desto mehr Sauerstoff wird benötigt.

Beim Ausatmen passiert genau das Gegenteil: Das in der Verbrennung entstandene Kohlenstoffdioxid (CO2) wird über die Blutbahn zurück in die Lunge transportiert, über die Lungenbläschen mit Sauerstoff (O2) ausgetauscht und schließlich über Mund und Nase wieder herausgepresst. Neben CO2 kann unser Körper sich so auf kurzem Wege auch anderer Stoffwechselabfälle entledigen, zum Beispiel Stickstoff.

Der Prozess der Atmung bildlich dargestellt

Durch falsches Atmen beim Krafttraining können deine Muskeln daher nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt und Abfallprodukte effizient abtransportiert werden. Die Folge sind Leistungseinbußen.

So weit zur molekularen Ebene der Atmung.

Gleichzeitig kontrahieren und entspannen im Körper bestimmte Muskeln, die das Atmen überhaupt ermöglichen. Hauptakteur ist das Zwerchfell, welches kuppelförmig unter der Lunge gespannt ist und Brust- und Bauchraum voneinander trennt.

Während des Einatmens zieht sich das Zwerchfell zusammen. Dadurch wird es ganz flach und zieht die Lungenflügel mit nach unten. Das erzeugt einen Unterdruck, der dafür sorgt, dass sich die Lunge wie ein Blasebalg mit Luft füllt. Beim Ausatmen geht das Zwerchfell wieder in seine Kuppelform zurück und presst damit die Luft wieder aus der Lunge hinaus.

Auch die Interkostalmuskeln (Zwischenrippenmuskeln) sind wesentlich an der Atmung beteiligt. Daneben gibt es eine Reihe von Atemhilfsmuskeln, zu denen einige Muskeln der Hals-, Brust- und Bauchmuskulatur gehören. 

Zu den Hilfsmuskeln der Einatmung zählen beispielsweise:

  • großer Brustmuskel (M. pectoralis major)
  • kleiner Brustmuskel (M. pectoralis minor)
  • vorderer Sägemuskel (M. serratus anterior)

Zu den Hilfsmuskeln der Einatmung zählen vor allem Bauchmuskeln, u. a.:

  • gerader Bauchmuskel (M. rectus abdominis)
  • querverlaufende Bauchmuskulatur (M. transversus abdominis)
  • äußerer schräger Bauchmuskel (M. obliquus externus abdominis)
  • äußerer schräger Bauchmuskel (M. obliquus internus abdominis)

Aber auch der große Rückenmuskel (M. latissimus dorsi) gehört dazu. Dieser wird übrigens auch „Hustenmuskel” genannt. Leidest du unter langwierigem Husten, ist ein Muskelkater des Latissimus daher gar nicht so selten.

Die richtige Atmung beim Krafttraining

Das Grundprinzip der richtigen Atmung ist eigentlich total easy: 

  • In der exzentrischen Phase der Bewegung atmest du tief durch die Nase ein. 
  • In der konzentrischen Phase der Bewegung atmest du durch den Mund aus.

Nehmen wir die Kniebeuge mal als Beispiel: Während du die Knie beugst und dein Gesäß langsam absenkst, atmest du ein. Beim Aufrichten atmest du wieder aus. Kleine Eselsbrücke: Das Gewicht wird einfach weggepustet.  

Zwei Personen machen die Übung Kniebeuge

Vor der Kraftanstrengung nimmst du also noch einmal einen tiefen Atemzug, um deine Muskeln vor der anstehenden Belastung mit Sauerstoff zu versorgen. Außerdem harmonisiert so die Kontraktion der Atemmuskulatur perfekt mit der Kontraktion deiner Arbeitsmuskulatur. Das erhöht den Trainingseffekt und erleichtert dir die Ausführung. Beim Ausatmen spannst du deinen Bauch an und unterstützt so die Stabilität im Core-Bereich. Schließlich helfen, wie oben gesehen, beim Ausatmen vor allem die Bauchmuskeln.

Wie kann ich die richtige Atemtechnik üben?

Nimm dir im Alltag regelmäßig einen Moment für dich, in dem du dich ganz bewusst auf deine Atmung konzentrierst. Am besten gleich morgens nach dem Aufstehen oder abends vor dem Einschlafen. Versuche die Frequenz deiner Atemzüge zu reduzieren, dafür aber tiefer in den Bauch zu atmen. Lege deine Hände auf den Bauch und spüre, wie sich die Bauchdecke mit deiner Atmung hebt und senkt.

Nur durch die Bauchatmung kannst du nämlich dein volles Lungenvolumen ausnutzen. Machst du das regelmäßig, kannst du dir so eine bewusste und tiefe Atmung antrainieren, die du irgendwann verinnerlichst.

Im Übrigen kann dir eine bewusste, ruhige Atmung auch im Alltag helfen, entspannter zu reagieren und die Kontrolle zu bewahren.

Die Pressatmung 

Es gibt aber noch eine andere Form der Atmung: die Pressatmung beim Krafttraining, auch „Valsalva-Manöver“ genannt. 

Bei dieser Atemvariante wird während der gesamten Übungsausführung die Bauch- und Ausatemmuskulatur angespannt. Dadurch führt sie – ähnlich wie ein Gewichthebergürtel – zu einem höheren Druck und mehr Stabilität im Bauchraum. 

Gleichzeitig bleiben die Lungen mit Luft gefüllt, weil nach dem Einatmen eine kurze Atempause eingelegt wird. Dieser „Ballon“ erhöht den Druck im Brustraum, während das nach unten gezogene Zwerchfell zur Kompression im Bauchraum beiträgt. Das sorgt für Stabilität im gesamten Rumpf.

Fachsprachlich ausgedrückt heißt das: Atmen nach der Valsalva-Technik erhöht den intra-abdominalen und intra-thorakalen Druck und dadurch die Stabilität im Rumpf.

Wie das Ganze konkret aussieht, schauen wir uns gleich noch genauer an. Zunächst aber klären wir die Frage, für wen diese Form der Atmung geeignet ist und für wen nicht.

Für wen ist die Pressatmung geeignet?

Wer viel und schwer mit Freihanteln trainiert kann mit der Pressatmung sein Verletzungsrisiko senken. Der in Bauch- und Brustraum erzeugte Druck gibt Stabilität, die speziell bei Übungen im Stehen wichtig ist. Das verbessert nicht nur die Übungsausführung, sondern entlastet auch die Wirbelsäule und beugt Verletzungen vor. Zudem können sich bestimmte Muskelfasern besser zusammen ziehen. Besonders für Grundübungen und Übungen aus dem Gewichtheben ist diese Form der Bauchatmung daher besonders geeignet:

  • Kniebeuge (Squats)
  • Kreuzheben (Deadlifts)
  • Überkopfdrücken (Military Press/Push Press)
  • Bankdrücken (Bench Press)
  • Reißen (Snatch)
  • Stoßen (Clean & Jerk)
  • Umsetzen (Clean)

Wer die Übungen mit leichtem Gewicht im eher hohen Wiederholungsbereich ausführt, kann aber genauso gut auf die zuvor beschriebene Grundtechnik zurückgreifen: einatmen bei der exzentrischen Bewegung, ausatmen bei der konzentrischen. Wichtig dabei: auf eine tiefe Bauchatmung achten. Insbesondere Einsteiger sollten erstmal bei dieser Standard-Atemtechnik und geringer Intensität bleiben.

Fortgeschrittene hingegen können sich an hohe Intensitäten und Atmen nach der Valsalva-Technik heranwagen. Wer sein One-Repetition Maximum (1 RM) testet bzw. mit sehr hohen Gewichten arbeitet, trainiert mit dem Valsalva-Manöver sicherer. Hier kommst du zum 1RM Rechner.

Tatsächlich scheinen Athleten sogar automatisch in eine dem Valsalva-Manöver ähnliche Atmung zu verfallen, wenn sie mit Gewichten im Bereichen von ≥ 80 % ihres 1 RM trainieren. Und das ohne, dass es ihnen bewusst wäre. Zu diesem Schluss kommen Hackett und Chow in ihrer systematischen Übersichtsarbeit, die im Journal of Strength and Conditioning Research veröffentlicht wurde.

Das Valsalva-Manöver beim Krafttraining zu verbieten, wäre also gleichbedeutend mit dem Verbot eines schweren Krafttrainings! Kein Wunder also, dass insbesondere Powerlifter auf diese Form der Atmung schwören.

Für wen ist die Pressatmung nicht geeignet?

Die Pressatmung birgt auch Risiken und muss trainiert werden! 

Durch das Valsalva-Manöver kommt es nämlich zu einer erhöhten Spannung (Tonus) im Nervus vagus, dem 10. Hirnnerv und Hauptnerv des Parasympathikus. Als solcher reguliert er die Tätigkeit vieler innerer Organe. Beispielsweise ist der Vagusnerv an der Regulation der Atmung und der des Herzschlags beteiligt. 

Infolge des erhöhten Vagotonus sinkt der Puls, während der Blutdruck steigt. Außerdem steigt der Druck in Herz und Kopf bzw. Hirn. Bei fehlender Gewöhnung kann es zu Blutdruckgefällen kommen, die am Ende des Satzes als Schwindel wahrgenommen werden.

Bei gesunden Personen ist das alles an sich ungefährlich. Personen, die jedoch unter Herzproblemen, Bluthochdruck, anderen Gefäßkrankheiten oder Anomalien im oberen Halswirbelbereich leiden, sollten auf das Valsalva-Manöver unbedingt verzichten! 

Auch steigt der Druck im Auge, wodurch Äderchen platzen können. Ein dadurch entstandener Blutfleck sieht zwar dramatisch aus, ist für Gesunde aber absolut harmlos. In seltenen („extraordinary“) Fällen kann ein richtig intensives Valsalva-Manöver jedoch zu Augenschäden bis hin zur Erblindung führen. Darauf weisen Blazek und Kollegen in ihrem 2019 erschienen Paper hin.

Ist die Pressatmung also gefährlich?

Grund zur Sorge besteht deshalb nicht. Gleichzeitig folgern Blazek et al. nämlich: Wer nicht zu der oben genannten Risikogruppe gehört und gesund ist, für den sind die Risiken eines Valsalva-Manövers sehr gering. Für trainierte Personen sind sie sogar noch mal geringer, weil der Körper sich eben auch an diese Art von Belastungen gewöhnt und anpasst. 

Anfängern sollte klar sein, dass es auch bei der Atmung Übung braucht. Beginner sollten daher:

  • mit geringerer Intensität starten (< 80 % des 1 RM)
  • nicht bis zum Muskelversagen trainieren

… und sich erst langsam an Belastungen heranarbeiten, bei denen die Unterstützung durch eine Pressatmung notwendig wird.

So funktioniert die Pressatmung

Bei der Pressatmung führst du eine starke Ausatmungsbewegung bei gleichzeitig verhinderter Ausatmung durch. Das heißt, du atmest erst tief in den Bauch ein und versuchst dann durch Anspannung deiner Bauchmuskulatur die Luft aus dir herauszupressen. Anstatt aber tatsächlich auszuatmen, verschließt du den Kehlkopf und lässt die Luft nicht durch.

Am Beispiel der Kniebeuge schaut das Ganze so aus:

Du befindest dich in der höchsten Position und bereitest dich auf die erste Wiederholung vor. Du stehst aufrecht, die Stange lastet auf deinen nach hinten unten verankerten Schultern, die Ellenbogen sind eng und zeigen nach unten. Deine Handgelenke sind gerade. Dein Stand ist fest, deine Knie zeigen in die gleiche Richtung wie deine Füße und dein Rücken ist gerade. Jetzt konzentriere dich auf deine Körpermitte:

  • Atme tief in den Bauch ein und fülle den gesamten Bauchraum mit Luft.
  • Atme dann vom Gefühl (!) her aus. Tatsächlich aber verschließt du den Kehlkopf und lässt die Luft nicht durch. Gleichzeitig spannst du die Bauchmuskulatur an und tust so, als ob du versuchst, mit ihr die Luft aus dir herauszudrücken.

Hast du diesen Druck aufgebaut, startest du unverzüglich in deine erste Kniebeuge:

  • Beuge die Knie und setze dich langsam tief. Den Druck gegen deinen Kehlkopf hältst du dabei aufrecht.
  • Überwinde den tiefsten Punkt und komm unter Aufrechterhaltung deiner inneren Spannung wieder hoch.

Erst wenn du wieder stehst, atmest du aus! Nimm dir einen kurzen Moment und atme tief durch. Das dürfen auch gerne ein paar mehr Atemzüge sein. Nimm dir die Zeit und sammle dich. 

Dann bereitest du dich wie zuvor auf die nächste Wiederholung vor.

Im höheren Wiederholungsbereich (ab 8–12 Wiederholungen) ist die Pressatmung generell aber nicht zu empfehlen. Denn dann kann durch diese Form der Atmung dem Sauerstoffbedarf von Gewebe und Organen nicht ausreichend nachgekommen werden. Statt Leistungssteigerung droht dann Leistungsabfall.

Die richtige Atmung beim Joggen

Junge Frau beim Joggen

Beim Joggen gilt: immer schön durch die Nase atmen. Ganz besonders im Winter. Kalte Luft führt nämlich dazu, dass sich die Bronchien verengen und damit weniger leistungsfähig werden. Der Stoffaustausch funktioniert dann weniger gut. Auch die Schleimhäute trocknen an der kalten Luft aus und werden stärker gereizt.

Wer es schafft, nicht ins Hecheln zu verfallen, kann ansonsten ganz natürlich weiter atmen. Der Körper holt sich, was er braucht. Wer das nicht schafft (und das sind die meisten!) kann sich an diese Regel halten: Atme zwei Schritte lang ein und zwei Schritte lang aus. 

Durch eine tiefe und gleichmäßige Atmung wird auch das schmerzhafte Seitenstechen vermieden. Dieses setzt ein, wenn das Zwerchfell zu schlecht mit Sauerstoff versorgt ist.

Hat der fiese Schmerz dich aber doch erwischt, probier einmal Folgendes: Beim Einatmen hebst du deine Arme über den Kopf. Beim Ausatmen neigst du dich nach vorn und lässt die Arme baumeln. Atme tief und gleichmäßig und das Seitenstechen sollte nach ein paar Schritten passé sein.

Hier kannst du 6 Gründe nachlesen, warum Joggen so gesund ist.

Fazit zur Atmung

Du siehst also: Richtiges Atmen beim Sport ist immens wichtig für deine Performance. Es verbessert den Stoffaustausch und du kannst besser trainieren. Bei schweren Lifts gibt dir die richtige Atmung zudem das nötige Extra an Stabilität im Core-Bereich. Beim Laufen vermeidet es fieses Seitenstechen und du hältst insgesamt länger durch.

Wenn du deine Performance im Training darüber hinaus weiter verbessern willst, schau dir den unverbindlichen Testzugang zu unserer Fitnesstrainer B-Lizenz an. Mit dem Wissen aus der Online-Ausbildung kannst du dich zum/r Fitnessexperten/in weiterbilden und noch mehr aus deinem Training herausholen.

Und jetzt heißt es: Tief durchatmen und voll durchstarten!

Welche Erfahrungen hast du mit der Atmung beim Sport gemacht?

Quellen

Antwerpes, F., van den Höfel, N. & Güler, I. (2022). Nervus vagus. Abgerufen 28. März 2022 unter: https://flexikon.doccheck.com/de/Nervus_vagus

Augenärzte Bern (2020). Hyposphagma. Abgerufen 28. März 2022 unter: https://www.augenaerzte-bern.ch/hyposphagma/

Blazek, D. et al. (2019). Systematic review of intra-abdominal and intrathoracic pressures initiated by the Valsalva manoeuvre during high-intensity resistance exercises. Biology of sport. 36(4): 373–386.

Hackett, D. A. & Chow, C. M. (2013). The Valsalva maneuver: its effect on intra-abdominal pressure and safety issues during resistance exercise. Journal of Strength and Conditioning Research. 27(8): 2338–45.

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