Muskelkontraktion
Was bedeutet Muskelkontraktion? Der Begriff „Kontraktion“ wird von den lateinischen Begriffen „con“ und „trahere“ abgeleitet, was so viel bedeutet wie „zusammenziehen“. Eine Muskelkontraktion beschreibt somit vereinfacht gesagt das Zusammenziehen bzw. Anspannen von Muskelgewebe.
Doch so einfach wie es vielleicht zuerst klingt, ist es leider nicht. Hinter der Kontraktion von Muskelgewebe steckt ein komplexer chemischer und mechanischer Prozess. Wie eine Muskelkontraktion im Detail abläuft und in welche verschiedenen Arten der Kontraktion man unterscheiden kann, erfährst du hier.
Was ermöglicht eine Muskelkontraktion?
Um die Kontraktion von Muskeln verstehen zu können, lohnt es sich, sich den Aufbau des quergestreiften Muskelgewebes noch einmal in Erinnerung zu rufen. Die Zellen des Muskelgewebes (Muskelfasern) sind grundsätzlich wie jede andere Zelle des menschlichen Organismus aufgebaut und bestehen aus diversen Zellorganellen (u. a. Zellkern, Zellplasma, Zellmembran). Anders jedoch als in „gewöhnlichen“ Zellen liegen in den Muskelfasern Eiweißstrukturen (Myofibrillen), welche aufgrund ihrer speziellen Bauweise die Grundlage der Muskelbewegung bilden.
Myofibrillen bestehen aus hunderten kleinen Baueinheiten, den Sarkomeren. Ein Sarkomer ist die kleinste funktionelle Einheit der Muskulatur und setzt sich aus fadenförmigen Proteinmolekülen (Myofilamente, u. a. Aktin, Myosin und Titin) zusammen. Diese Myofilamente sind erregbar und tragen dazu bei, dass ein Muskel sich unter Energieaufwand aktiv zusammenziehen (Kontraktion) und passiv entspannen (Relaxation) kann.
Wie ist der Ablauf einer Muskelkontraktion?
Wie soeben beschrieben sind die Myofilamente Aktin und Myosin ein wesentlicher Bestandteil der Muskelkontraktion. Aber wie kannst du dir diese Proteinmoleküle vorstellen? Ein Aktinfilament besteht aus kugelförmigen Eiweißmolekülen, welche spiralförmig angeordnet sind. Du kannst es dir wie zwei Perlenketten vorstellen, die umeinandergewickelt sind. Ein Myosinfilament besteht aus hunderten Myosinmolekülen. Sie sind regelmäßig angeordnet und bestehen aus einem Schaft-, einem Hals- und einem Kopfbereich. Die Myosinköpfe ragen aus dem Filament hervor und besitzen eine Bindungsstelle für den zur Muskelkontraktion benötigten Energieträger Adenosintriphosphat (ATP) und eine für Aktin. Die Aktinfilamente sind an sogenannten Z-Streifen befestigt, welche gleichzeitig die Begrenzung eines Sarkomers darstellen. Aktin und Myosin sind modellhaft schichtweise angeordnet. So liegt zwischen Aktinfilamenten immer ein Myosinfilament. Eine Muskelkontraktion läuft nach diesem Muster (vgl. „Gleitfilamenttheorie“) in folgenden Schritten ab:
- Ruhestellung: Um eine Muskelkontraktion zu erzeugen, müssen die Proteinmoleküle Aktin und Myosin ungehindert miteinander agieren können. Im Ruhezustand des Muskels werden sie durch sogenannte Begleitproteine (u. a. Tropomyosin) an einer Interaktion gehindert. Die Begleitproteine legen sich um das Aktinfilament und bedecken somit die Kontaktstellen zwischen Aktin und Myosin. Der Muskel ist entspannt.
- Aufrichtung der Myosinköpfe und Querbrückenbildung: Durch einen Nervenimpuls werden Kalziumionen freigesetzt, welche in die Muskelzelle einströmen. Das Adenosintriphosphat (ATP), welches sich am Myosinkopf befindet, wird in Adenosindiphosphat (ADP) und einen Phosphatrest (P) gespalten. Infolge dieser Spaltung richtet sich der Myosinkopf von 45° auf 90° auf. Des Weiteren binden die Kalziumionen die Begleitproteine und legen die Kontaktstellen von Aktin und Myosin frei und es entsteht eine Querbrückenbindung zwischen den beiden Proteinmolekülen.
- Kraftschlag des Myosinkopfes: Der Phosphatrest (P) und das Adenosindiphosphat (ADP) am Myosinkopf werden freigegeben. Dies hat zur Folge, dass der Myosinkopf wieder in seine Ausgangsposition von 90° auf 45° zurückkehrt. Während dieser „Ruderschlagbewegung“ des Myosins werden die Aktinfilamente von rechts und links in die Mitte des Sarkomers gezogen und gleiten zwischen die Myosinfilamente. Die Muskelfaser verkürzt sich. Während eines Zyklus verkürzen sich die Muskelfasern lediglich um ca. 1 %. Für eine deutliche Längenveränderung muss dieser also einige Male durchlaufen werden.
- Lösen der Querbrücken und Wiederholung: An die freigewordene Stelle des Myosinkopfes bindet sich ein neues Adenosintriphosphat (ATP) und löst die Querbrückenbindung zwischen Myosin und Aktin wieder auf. Sind noch genügend Kalziumionen in der Zelle vorhanden, wiederholt sich dieser Zyklus beliebig oft.
- Rückkehr in die Ruhestellung: Sind nicht mehr ausreichend Kalziumionen in der Muskelfaser vorhanden, kehrt diese in ihre Ruhestellung zurück. Die Begleitproteine umschlingen wieder das Aktinfilament und der Muskel erschlafft (Relaxation).
Isometrische und isotonische Muskelkontraktion
Anhand des Verhältnisses zwischen Muskellänge und -spannung kann man zwei Hauptarten der Muskelkontraktion unterscheiden:
Isometrische Muskelkontraktion
Die isometrische Kontraktion beschreibt eine statische Muskelarbeit. Das heißt, ein Muskel wird angespannt, ohne dass er seine Länge verändert. Es findet keine Bewegung statt (Haltearbeit). Ein gutes Beispiel hierfür ist das „Bewegen“ eines zu schweren Gewichts. Zwar spannen deine Muskeln an, eine Bewegung kommt jedoch nicht zustande.
Das heißt, du könntest deine Muskulatur trainieren, ohne dich zu bewegen? Vollkommen richtig! Aber keine Bewegung bedeutet nicht, dass keine Anstrengung erforderlich ist. Spätestens nach den ersten Sekunden „Planking“ oder „Wall Sit“ wirst du es verstehen!
Isotonische Muskelkontraktion
Die isotonische Kontraktion beschreibt das genaue Gegenteil der isometrischen Kontraktion. Bei der dynamischen Muskelarbeit verändert der Muskel seine Länge, ohne dass sich seine Spannung ändert. Wenn du beispielsweise mit einer Hantel trainierst, bleibt die Spannung des Muskels aufgrund des gleichbleibenden Gewichts identisch, während sich die Länge des Muskels durch die Bewegung verändert.
Welche Art der Muskelkontraktion führt nun aber zur Entfaltung der maximalen Kraft? Schnelle Bewegungen gehen oft mit einer geringen Kraftentwicklung einher. Erfolgt eine Muskelkontraktion mit einer hohen Geschwindigkeit, gleiten die Myofilamente Aktin und Myosin ebenso schnell aneinander vorbei. Um einen Muskel maximal zu verkürzen, müssen so immer wieder Querbrückenbindungen hergestellt und aufgelöst werden, welches zu einer geringen Kraftentwicklung führt. Können jedoch nahezu alle Bindungen zwischen Aktin und Myosin durch eine isometrische Kontraktion gleichzeitig eingegangen werden, kann die Entfaltung der Maximalkraft stattfinden.
Konzentrische und exzentrische Muskelkontraktion
Auch anhand der Längenänderung und der Geschwindigkeit der Längenänderung des Muskels kann in zwei verschiedene Arten der Muskelkontraktion unterschieden werden:
Konzentrische Muskelkontraktion
Die konzentrische Kontraktion beschreibt im Grunde eine Form der isotonischen Kontraktion. Bei der Überwindung eines Gewichts/Widerstands nähern sich Ansatz und Ursprung eines Muskels an. Man beschreibt diese Art der Kontraktion auch als „positiv-dynamisch“ oder „überwindend“.
Exzentrische Muskelkontraktion
Die exzentrische Kontraktion hingegen wird als „negativ-dynamisch“ bzw. als „nachgebend“ bezeichnet. Während der Bewegung entfernen sich Ansatz und Ursprung eines Muskels voneinander und ein Gewicht/Widerstand muss nicht überwunden, sondern gebremst werden. Häufig wird das exzentrische Training unterschätzt, da sich viele Sportler vorrangig auf das Überwinden des Gewichts, also auf die positive Phase der Bewegung, konzentrieren. Betont man die negative Phase der Bewegung deutlicher, unterstützt man jedoch nicht nur die Muskelhypertrophie und das Bindegewebe, sondern kann Überlastungssymptomen, wie z. B. das „Jumpers Knee“ (Springerknie), gezielt entgegenwirken.
Nehmen wir den klassischen Bizeps-Curl, um beide Muskelkontraktionen noch besser zu verstehen: Konzentrisch kontrahiert dein Bizeps, während du das Gewicht nach oben bewegst. Du überwindest das Gewicht und der Ansatz sowie der Ursprung des Bizeps nähern sich an. Exzentrisch arbeitet dein Bizeps hingegen beim Herablassen des Gewichts. Du musst das Gewicht gezielt bremsen und Ansatz sowie Ursprung der Muskulatur entfernen sich voneinander.
Wie arbeitet deine Muskulatur?
Die Arbeit deiner Muskulatur bzw. die Muskelkontraktion besteht aus diversen komplexen Prozessen, die hier nur angeschnitten werden können, um ein Grundverständnis zu generieren. Je tiefer du in die Thematik einsteigst, desto klarer werden dir einige Trainings- und Ernährungskonzepte und deren Zusammenhänge erscheinen.
Wenn du die Anatomie des Körpers und die komplexen Vorgänge bei Bewegungen besser verstehen willst, empfehlen wir dir eine Ausbildung zum Fitnesstrainer. Darin erhältst du genau dieses Fachwissen und kannst es anwenden, um deine eigenen sportlichen Ziele zu erreichen.
Literatur
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